Peter Lustig

Peter Lustig

geb. Peter Fritz Willi Lustig
* 27.10.1937 in Breslau, Polen-Niederschlesien
† 23.02.2016 in Bohmstedt, Deutschland

Angelegt am 25.02.2016
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Über den Trauerfall (2)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Peter Lustig, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Löwenzahn - mehr als nur Kinderfernsehen

25.02.2016 um 11:48 Uhr von Trauer
Foto Löwenzahn - mehr als nur Kinderfernsehen für Peter Lustig

„Und jetzt – abschalten“

25.02.2016 um 11:40 Uhr von Trauer

Mindestens zwei Generationen deutscher Fernsehzuschauer nehmen Abschied von einem Teil der eigenen Kindheit: Peter Lustig ist gestorben, 25 Jahre und über 200 Folgen lang der Welterklärer im ZDF, der in seinen Serien „Pusteblume“, „Löwenzahn“ und „Mittendrin“ keineswegs nur Kindern den Ablauf von Alltag, Technik und Natur erläuterte. Das tat er so einfach, anschaulich und spannend, wie es vielen Lehrern trotz Pädagogikstudiums niemals gelingen wird.

 

Von Rainer Dick

 

Wer in den 1970er Jahren Kind war und nach dem Spielen im Freien − Sowas gab’s damals noch! − fernsehen durfte, wuchs mit Pippi Langstrumpf und Pan Tau, den Kleinen Strolchen und der Augsburger Puppenkiste, Sesamstraße und Rappelkiste sowie einer ganzen Menagerie von Tieren wie Flipper, Lassie und dem Privatzoo des Urwald-Arztes Daktari auf. Weil die TV-Macher ihrem Bildungsauftrag auch im Kinderprogramm nachkommen wollten, gab es ab 1972 ebenso unterhaltsame wie informative „Lach- und Sachgeschichten“ in der „Sendung mit der Maus“. Unter Federführung des Redakteurs Gert Müntefering und des Autors Armin Maiwald erteilte die Maus Unterricht ohne Zeigefinger und Zeigestock. So erläuterten Peter und Atze in kurzen Filmen, wie das Telefon oder eine elektronische Türklingel funktionieren. Atze war ein Robotervogel, sein menschlicher Partner war Peter Lustig, ein gelernter Rundfunktechniker, 1937 in Breslau geboren und damals verheiratet mit der nachmaligen „Benjamin Blümchen“-Autorin Elfie Donnelly.

 

Von der ARD-Maus wechselte er 1979 in jenen Bauwagen, der ihm in seinen ZDF-Reihen „Pusteblume“ und „Löwenzahn“ als Behausung, Tüftler-Werkstatt und Versuchslabor für fantasievoll-aberwitzige Erfindungen diente. Ausgestattet mit Nickelbrille und blauer Latzhose, gab er einen allzeit aufmerksamen Fragesteller und hellwachen Antwortgeber, dessen onkelhafte Kameraderie im Zeitalter von Anime und Baller-Action bewusst auf Behäbigkeit setzte. 

 

Peter Lustig war der (Wieder-) Entdecker der Langsamkeit, weil er sich die Zeit nahm, Alltagsrätsel aufzuspüren und ebenso nachvollziehbar wie fesselnd zu ergründen. Als Parzival kindlicher Neugier und Entdeckerfreude konstruierte er mal in seinem Holzwaggon ein Sofamobil und eine Regenwarnmaschine, mal brachte er Phänomene aus Technik sowie der Tier- und Pflanzenwelt prägnant auf den Punkt.  

 

Und zum Schluss forderte er mit dieser sonoren, auf ewig brummbärhaft unvergesslichen Kumpelstimme: „Abschalten!“ Auf dass seine jungen Zuschauer nicht nur vor dem Fernsehschirm herumfläzten, sondern draußen vor der Tür selbst auf Entdeckertour gingen. Obwohl er immer wieder beteuerte, er sei kein Pädagoge und erst recht kein Schauspieler und könne „nur den Lustig“, mag es ihm durchaus geschmeichelt haben, von der Aussteiger- und Alternativ-Szene als eine Art Guru betrachtet zu werden. Zumindest zeitweilig hing der vierfache Vater tatsächlich einem indischen Spiritualismus an.

 

Im Übrigen ist nicht allzu viel bekannt über den wahren Peter Lustig. Bei kurzen Begegnungen am Drehort oder im Mainzer ZDF-Hochhaus wirkte er in seiner unverzichtbaren Latzhose immer so, als sei er wirklich der liebenswert versponnene Tüftler aus „Löwenzahn“. Eine Trägerhose − mit Nadelstreifen! − trug er übrigens auch, als ihm vor neun Jahren das Bundesverdienstkreuz umgehängt wurde. Zu dieser Zeit war er bereits schwer krebskrank, zuletzt hatte er nur noch einen Lungenflügel und bewegte sich an einem Gehstock mit Silberknauf. 

 

2005 gab er „Löwenzahn“ auf und zog nach Norddeutschland. Dort ist er am Dienstag 78-jährig gestorben. Der große Weltenlenker hat dem Welterklärer den Abschaltknopf gedrückt. Adieu, Peter Lustig. Bonjour, tristesse.