Anita Ekberg

Anita Ekberg

geb. Kerstin Anita Marianne Ekberg
* 29.09.1931 in Malmö, Schweden
† 11.01.2015 in Rocca di Papa, Italien

Angelegt am 19.02.2016
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Baden in der Nacht

19.02.2016 um 14:36 Uhr von Trauer
Foto Baden in der Nacht für Anita Ekberg

Die badende Venus

19.02.2016 um 14:34 Uhr von Trauer

Die Aureole einer Göttin ist erloschen. Anita Ekberg – Venus des Films, Ikone der Sinnlichkeit, Inkarnation der Verführung – starb im Januar 2015 in Rom. Ihr Erdendasein, zuletzt beschwert von langem Siechtum und den Bürden des Alters, währte 83 Jahre. In der kollektiven Erinnerung bleibt sie so blond und schön, üppig und verlockend, wie sie im Kinoklassiker „La dolce vita“ (1960) im Trevi-Brunnen badet.

 

Von Rainer Dick

 

Aber was heißt badet? Es ist die Geburt der Venus, wie sie sich in schwüler Nacht selbstvergessen in die „Fontana di Trevi“ begibt, Abkühlung suchend von rast- und sittenlosen Treiben des römischen Jet-Set. Im schwarzen, abgrundtief dekolletierten Abendkleid raubt sie nicht nur dem vis-à-vis wartenden Marcello Mastroianni, sondern mit ihm Millionen männlichen Kinogängern den Atem. Der frivole, mondbeschienene Schritt über den Brunnenrand, das anschließende Auftauchen zwischen plätschernden Wasserspeiern: das Hohelied von Liebe, Luxus, Lust und Laster, ist reiner Sex ohne jeden Anflug von Sündhaftigkeit. Federico Fellini hat sie in „Dolce Vita“ als aller irdischen Profanität entrückte, planschende Aphrodite inszeniert, obwohl sie inmitten einer Schar verderbter Müßiggänger einen Filmstar mit nur allzu menschlichen Bedürfnissen und Gelüsten spielt. Ihre räkelnde Laszivität im Brunnenbecken gehört zur Pop-Ikonografie des 20. Jahrhunderts, vergleichbar etwa Marilyn Monroes hochgewirbeltem Kleid über dem U-Bahn-Schacht, Bogarts Abschiedsgruß in „Casablanca“ oder dem Riesenaffen King Kong zu Häupten des Wolkenkratzers.

 

Der Nachruhm der Ekberg – wegen ihres Geburtsorts Malmö auch ironisch als „schwedischer Eisberg“ etikettiert – beschränkt sich allein auf „La dolce vita“. Gewiss, sie war in der bombastischen Hollywood-Bearbeitung von „Krieg und Frieden“ (1956) die wenig liebevolle Grafentochter Hélène, trat „Im Zeichen Roms“ (1959) als antike Königin an, brachte in „Vier für Texas“ (1963) den Wilden Westen in Wallung und lehrte in „Das Liebeskarussell“ (1965) ausgerechnet Peter Alexander die Kunst der Verführung. Dean Martin und Jerry Lewis machten sie in ihrer Posse „Hollywood or Bust“ (1956), die zu deutsch viel schöner „Alles um Anita“ heißt, zum Objekt sowohl ihrer Begierde als auch ihrer Komik.

 

Aber ihr Spiel blieb stets dem Schauwert und der Äußerlichkeit verpflichtet. Fellini erkannte das und hat das Beste und Schönste, nein: das Allerbeste und Allerschönste daraus gemacht. Er schuf mit „Dolce Vita“ den Mythos Anita Ekberg, den er in seinem Beitrag zum Episodenfilm „Boccaccio 70“ (1962) ins Groteske steigerte. Da ist sie eine Werbefigur für Milch, die einen verklemmten Sittenwächter buchstäblich um den Verstand bringt.

 

Vor der Kamera hat Anita Ekberg nie eine andere Rolle gespielt als Anita Ekberg. Es ist durchaus angemessen, dass sie Fellini in „Intervista“ (1987) ein alterndes, füllig gewordenes Sex-Symbol vergangener Tage spielen ließ. Mastroianni ist auch wieder dabei, zu dritt sehen sie sich „La dolce vita“ an. Und als die Brunnenszene vorbei ist, kann man Tränen in den Augen der Ekberg erkennen. So steht Wehmut am Ende dieses Märchens vom Töchterlein eines Fabrikarbeiters, das aufstieg in den Zelluloid-Olymp. Aber auch als sie ihn erklommen hatte, erwies sich das Leben einer Filmgöttin als sehr irdisch: zwei gescheiterte Ehen und Dutzende schlagzeilenträchtiger Romanzen, beständige Gewichts- und nicht minder hartnäckige Alkoholprobleme, schließlich schwere Diabetes und ein Oberschenkelhalsbruch.

 

Zuletzt arbeitete Anita Ekberg, die längst in ein Seniorenheim übergesiedelt war, angeblich an ihren Memoiren. Es hat nicht sollen sein. Ich hätte dieses Buch wahrscheinlich verschlungen. Aber andererseits bleibt mir ebenso wie den Kino-Fans in aller Welt ihr Konterfei. Das Bild der Anita Ekberg, die Apotheose weiblicher Entrücktheit, das Inbild des Schönen. Ciao, Anita.

Gedenkkerze

Trauer & Gedenken

Entzündet am 19.02.2016 um 14:26 Uhr