Hans Heinrich Reich

Hans Heinrich Reich

* 15.12.1939 in Speyer
† 19.02.2019 in Landau
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Angelegt am 27.02.2019
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Gedenkkerze

Prof. Dr. Wolfgang Nieke

Entzündet am 14.03.2019 um 15:34 Uhr

Pfälzer Tageblatt

vom 13.03.2019

Kondolenz

Nachruf

04.03.2019 um 10:16 Uhr

Ingrid Gogolin, Ursula Neumann, Marianne Krüger-Potratz, Hans-Jürgen Krumm, Katharina Kuhs, Hans-Joachim Roth

 

 Professor Dr. Hans H. Reich ist am 19. Februar 2019 verstorben. 

Wir verlieren mit Hans Reich einen außergewöhnlichen Wissenschaftler, einzigartigen Mentor, den Spiritus Rector der Forschung über Migration und ihre Folgen für sprachliche Bildung und Erziehung in Deutschland – und wir verlieren einen Freund. 

Seit seiner Berufung auf die Professur für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an die Pädagogische Hochschule Rheinland (Abteilung Neuss) im Jahr 1971 hat Hans Reich sich der Frage gewidmet, wie Bildung gestaltet sein müsste, die allen Heranwachsenden in einer Migrationsgesellschaft wie der deutschen gerecht werden kann. Zu den von ihm inspirierten Pionierleistungen gehört die Gründung der „Forschungsgruppe ALfA – Ausbildung von Lehrern für Ausländerkinder“ im Jahr 1973. In dieser interdisziplinären Forschungsgruppe (gemeinsam mit Manfred Hohmann, Allgemeine Pädagogik, und Ursula Boos-Nünning, Soziologie) wurden Untersuchungen initiiert, die das Problem der Qualifikation des pädagogischen Personals für die Gestaltung von Bildungsinstitutionen und Lehr-Lernprozessen im Kontext sprachlicher und kultureller Diversität grundlegend beleuchten. Zugleich aber entwickelte und evaluierte die Gruppe Interventionsprojekte zur Qualifizierung pädagogischen Personals aus der Einsicht in die Verantwortung, die die Pädagogik als angewandte Wissenschaft auch für die Gestaltung der Bildungspraxis trägt. Die Forschungsgruppe blieb in engem Kontakt, nachdem Hans Reich 1979 auf die Professur für Deutsch mit dem Schwerpunkt Deutsch als Fremdsprache an die Erziehungswissenschaftliche Hochschule Rheinland-Pfalz (ab 1990 Universität Koblenz-Landau) wechselte. Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 2005 beteiligte er sich aktiv und inspirierend an der Forschung, Entwicklung und am Transfer in Lehre und Praxis der Bildung in der Migrationsgesellschaft. 

Zu den wissenschaftlichen Pionierleistungen des Verstorbenen gehört die Initiierung einer ersten international vergleichenden, aus Mitteln der Europäischen Gemeinschaft (so die seinerzeitige Nomenklatur) geförderten Studie zur Frage, wie Bildungssysteme anderer europäischer Staaten auf die zunehmende Präsenz von Kindern aus Migrantenfamilien reagierten. Nicht nur die Sicht, dass man national und international voneinander lernen kann und sollte, durchzieht als ein roter Faden das Werk von Hans Reich, sondern auch sein 

Vertrauen in den Wert von Kooperation in der Forschung. Den sichtbarsten Ausdruck findet dieser Impetus in der großen Zahl an koordinierten Forschungsprojekten, die durch sein Engagement zustande kamen und an denen er mitwirkte. Ein Beispiel ist das DFG-geförderte Schwerpunktprogramm „Folgen der Arbeitsmigration für Bildung und Erziehung“, das unter seiner Federführung eingeworben wurde (1991 bis 1997). Mit diesem Programm wurde ein Perspektivenwechsel in der Forschung über Migration, Bildung und Erziehung eingeleitet, der noch heute wegweisend für die Gestaltung von Untersuchungen in diesem Feld ist. Überwunden wurde die allein auf Migranten gerichtete Aufmerksamkeit zugunsten einer Sicht auf die Migrationsgesellschaft insgesamt, deren Mitglieder alle – wenn auch auf unterschiedliche Weise – von der wachsenden sprachlichen, kulturellen und sozialen Diversität in ihrer Lebenswelt betroffen sind. 

Auch seine Sicht des Faches „Deutsch als Fremdsprache“ war eine besondere. Ausgangspunkt seiner Konzeption war nicht das Interesse an Vermittlung einer Sprache in ihrer abstrakten Gestalt, sondern an den Prozessen der Aneignung, des Lernens und des Gebrauchs von Sprachen. Im Mittelpunkt dabei stand, die sprachlichen Bildungsvoraussetzungen der Lernenden und die Bedingungen, unter denen ihre Sprachentwicklung geschieht, als Grundlagen für das pädagogische Handeln ernstzunehmen – sowohl hinsichtlich der Schwierigkeiten, die sie bereiten können, als auch mit Blick auf die Potenziale, die darin stecken. So eröffnet er die Perspektive auf Mehrsprachigkeit als Grundlage für sprachliche Lern- und Bildungsprozesse, aber auch als ihr Ziel. Für die Bildungspraxis entwickelte er unterstützende Hilfsmittel – wie etwa das Instrument „Katze und Vogel“ zur Sprachdiagnostik, das untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. 

Ein herausragendes Beispiel für die Bedeutung, die seine Konzeption auch im praktischen Feld besitzt, ist das Modellprogramm „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund – FörMig“ (von 2004 bis 2009). Hans Reich war Mitglied der wissenschaftlichen Begleitung des Programms. Hier kamen seine Fähigkeiten zur skrupulösen wissenschaftlichen Grundlagenarbeit, zugleich aber der Übersetzung für andere Mitwirkende, des Aufgreifens und gemeinsamen Weiterentwickelns von Ideen auf Augenhöhe voll zur Geltung. Es entstanden in gemeinsamer Arbeit Konzepte wie das der „durchgängigen Sprachbildung“, die bei bildungspolitischen Entwicklungen Pate standen, aber ebenso weitere Forschung inspirierten. Hans Reich war ein Könner im Zuhören ebenso wie im Anregen und Fördern; ein Gesprächspartner, der sich auf Sichtweisen anderer einließ, der vorsichtig, aber kritisch nachfragte, der auch den Beiträgen derjenigen Gehör schenkte, die sich nur bescheiden und verhalten beteiligten. 

Hans Reich besaß das Selbstverständnis, dass Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung betrieben wird. Diese nahm er wahr als Mitstreiter am bildungspolitischen Diskurs, etwa in seiner Funktion als Mitglied im Rat für Migration, als Partner in der Politikberatung und zahlreicher Initiativen der Bildungspraxis – von Kindertages-einrichtungen über Schulen bis zu Instituten der Fort- und Weiterbildung –, oder als „Anwalt“ 

von Lehrkräften in schwierigen Lagen, vor allem der Lehrkräfte für den Herkunftssprachlichen Unterricht. 

Wir verlieren mit Hans Reich nicht nur den an der Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Wissens und zugleich der Qualität der Praxis orientierten Wissenschaftler, sondern auch den geselligen Kenner und Genießer eines guten Essens und schönen begleitenden Weins – und den ausgezeichneten Redner. Er hat seine Zuhörerinnen und Zuhörer fasziniert – auch wenn (oder vielleicht gerade weil) er sich nie dazu entschließen konnte, das geschliffene Wort durch die bunte Begleitung mit Power Point aufzulockern. 

Er fehlt. 

 

Gedenkkerze

Prof.Dr.Michael Damanakis

Entzündet am 03.03.2019 um 17:52 Uhr

Du warst mein Lehrer, Du warst mein Kollege, Du warst mein Freund. Ich werde Dich mit Dankbarkeit und Liebe im meinem Gedächtnis und Herzen behalten.

Pfälzer Tageblatt

vom 27.02.2019
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